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Viele Dinge sind wichtiger als Tennis

Barbara Schett, diese Woche beim Generali Ladies in Linz im Einsatz, hat kein gutes Jahr hinter sich. Aber auch kein schlechtes. Österreichs Nr. 1 des Tennissports plaudert über Hermann Maier und Michaela Dorfmeister, über Ziele, Wünsche, Fehler und über ihren Trainerwechsel. 

KURIER: Donnerstag werden in der Wiener Hofburg Hermann Maier und Steffi Graf als Österreichs Sportler des Jahres 2001 präsentiert. Wen hättest du gewählt? 

SCHETT: Über die Steffi Graf gibt es keine Diskussion. Der Maier ist wahrscheinlich gewählt worden, weil er sich das Bein gebrochen hat. Aber so abwegig ist das gar nicht. Ich hätte ihn wohl auch gewählt. 

Und auf welchen Platz hättest du Barbara Schett im Jahr 2001 gereiht? 

Auf Platz zwei. 

Zum Beispiel vor Abfahrts-Weltmeisterin Michaela Dorfmeister? 

Ja, so selbstbewusst bin ich. Vor Michaela Dorfmeister. 

Wie sieht deine Bilanz 2001 aus? 

Durchschnittlich, so wie auch im Jahr 2000. Ich bin nie absolut zufrieden mit mir. Aber dann denke ich mir auch wieder, was ist eigentlich schlecht daran, in einer Sportart wie Tennis permanent unter den Top 20 der Welt zu stehen? 

Woran liegt es, dass du nicht mehr an die Leistungen des Jahres 1999 herankommst, als du Nummer 7 der Welt warst? 

In erster Linie daran, dass die Dichte heute enorm ist. Das ist kein Vergleich mehr zu 1999. Eine wie die Arantxa Sanchez würde ich heute genauso putzen wie damals. 1999 war sie die Nummer 4, heute ist sie um die Nummer 20. Was auffällt, sind viele junge Spielerinnen, die plötzlich aufgetaucht sind. Die sind stark und unfassbar schnell. Hauptproblem war heuer sicher meine Sandsaison. Die war ein Oberkas. 

Vor exakt einem Jahr hast du hier in Linz gesagt, dass dich viele Experten reif für die Top 5 halten und dass du geneigt bist, ihnen zu glauben. Glaubst du ihnen heute auch noch? 

Die anderen glauben fast noch mehr an mich als ich selbst. Sie sagen, dass ich mein Potenzial nicht voll ausschöpfe. Ich glaube, ich denke in letzter Zeit auf dem Platz zu viel. Ich gehe in ein Match rein und sage mir, hey, gegen die kannst du verlieren. Wenn du ganz oben mitspielen willst, darfst du nicht denken. Aber ehrlich: Top 5, das ist schon zäh. 

Bist du noch im selben Maße motiviert wie im Jahr 1999? 

Mit Sicherheit ja, nur werde ich jetzt schneller müde. 26 Turniere pro Jahr sind zu viel. Ich werde im nächsten Jahr nur mehr rund 20 spielen. Dann habe ich dazwischen auch mehr Zeit, an meiner Kondition zu arbeiten. 

Gibt es irgendeinen Vorwurf, den du dir machen musst? 

Ja, den, zu viel gespielt zu haben. Ich war beispielsweise bei fünf Turnieren in den USA. Ich sag’ mir vor dem ersten, schauen wir mal, ich hab eh noch vier andere. Das darf und das wird nicht mehr passieren. Ich werde weniger spielen, dafür alle Turniere mit vollster Motivation. 

Es sind heuer mehrmals Bedenken bezüglich deiner Fitness und deines Idealgewichts aufgetaucht. Wie sieht es da aus? 

Ich war schon fiter. Ich muss ständig an meinem Körper arbeiten und werde das ab nächstem Jahr auch in verstärktem Maße tun. Meine Werte im Ausdauerbereich sind gut, aber trotzdem werde ich mich öfter gewissen Kontrollen unterziehen und meine Trainingssteuerung noch mehr optimieren lassen. Ich arbeite mit jenem Team zusammen, das einst auch Thomas Muster betreut hat. 

Heuer hatte man, zum Beispiel beim Turnier in Wien, öfter den Eindruck, dass du mit Kritik von Journalisten nicht gut umgehen kannst. Täuscht dieser Eindruck? 

Das ist schon richtig so. Bei einem Turnier in Wien stehe ich 24 Stunden unter Dauerdruck und Beobachtung. Das ist nicht immer lustig. Außerdem: Immer freundlich zu sein, ist auch schwierig. 

Wie denkst du grundsätzlich über Österreichs Sport-Journalisten? 

Jetzt, wo ich seit Wimbledon weiß, wie die englischen sind, hab ich euch alle erst so richtig lieben gelernt. Spaß beiseite: Ich habe eh immer mit denselben zu tun. Man kennt sich viele Jahre und da entsteht fast so etwas wie Freundschaft. 

In der Welt ist in den letzten Wochen sehr viel passiert. Führen Vorfälle wie jene vom 11. September bei dir dazu, dass sich Dinge des Lebens und des Sports relativieren? 

Nein, weil ich für mich in Anspruch nehme, dass meine Relationen immer schon gestimmt haben. Ich bin stets der Meinung gewesen, dass es viele Dinge gibt, die wichtiger sind als Tennis. Vielleicht ist das auch mit ein Grund, dass ich nie eine Nummer 1 oder Nummer 2 wurde. Aber ich denke, meine Einstellung ist diesbezüglich eine gesunde. Ich war in den USA und hab mir gedacht, was ist jetzt, wenn sie ein Turnier absagen? Aber dann sag ich mir, ist auch Wurst. 

Immer mehr Sportler beginnen, sich politisch zu outen oder sich politisch zu engagieren. Von dir hat man nie einen Ton zur Politik gehört. Hast du keine Meinung? 

Ich habe sehr wohl eine ganz klare politische Meinung, aber ich werde mich, vor allem so lange ich aktiv bin, sicher nicht äußern. Es ist jedem selbst überlassen, wann und wo er seinen Senf dazu geben will. 

Seit deiner Trennung von Thomas Prerovsky vor einem Jahr wirst du fast nur solo gesehen. Hast du einen Freund? 

Ja, ich habe einen fixen Partner. Einen ehemaligen Tennisspieler. 

Du bist jetzt 25 Jahre. Wie lange spielst du noch Tennis? 

Ich wollte immer bis 30 spielen. Das will ich jetzt nicht mehr. Ich schätze noch drei Jahre. 

Planst du dein Leben mit eigenen Kindern? 

Ja, mit zwei bis drei. 

Du arbeitest seit einem Jahr mit deinem Trainer Harald Mair zusammen. Bleibt er dein Coach? 

Nein. Seine Frau kriegt ein Kind und er will nicht mehr das ganze Jahr auf Achse sein. Sonst hätten wir sicher weiter zusammen gearbeitet. 

Gibt es schon einen Nachfolger? 

Den Salzburger Gerald Mandl. Er hat zuletzt meine Freundin Anke Huber trainiert. Ich kenne ihn gut und wir werden super zusammenpassen.